Ute ist tot. Es lebe Ute!
Zum Tod von Ute Lehnert (1938-2018)
Ein Brief, die Adresse in der vertrauten Schrift der Malerin. Es ist die Einladung zu ihrer letzten Ausstellung, die sie selbst noch vorbereitet hatte, Ende September im Heimatmuseum, nahe ihrer letzten Wohnung in St. Arnual, Dorf in der Stadt, wo "UTE" (so signierte sie ihre Bilder) sich heimisch fühlte. Darin ein Blatt ihrer Tochter Claudia mit der Anzeige ihres Todes. Ute Lehnert verstarb am 9. September, vor ihrem 80. Geburtstag, trotz geschwächter Gesundheit: unerwartet.
Ihr Studium an der Werkkunstschule Saarbrücken, Grafik-Design bei Robert Sessler, Grundlehre bei Oskar Holweck – Schritte auf dem Weg zur Malerei. Ausstellungen seit 1968.
Ihre Bilder-Zyklen – gespeist von ihren Reisen, den Geheimnissen der Welt, Natur, der Begegnung mit dem Fremden, sich selbst. Ute Lehnert war eine Suchende, auf ihren Reisen durch Europa, Russland, die Türkei, Asien, den spirituellen. In Saarbrücken geboren, blieb das Saarland ihr Lebensort, Anker auf ihren Wegen. Ateliers, in den 70er Jahren: ihre Galerie "Die Werkstatt", die Gründung der Arbeitsgemeinschaft Bildender Künstler in Saarbrücken, ihre Mitgestaltung am Markt St. Johann (Brunnen und Platz), 1986-88 Zweitatelier in Köln. Eine Station: St. Margarethen (Bildhauer-Symposion um Karl Prantl). Viel Zeit verbringt sie über Jahre in der Bretagne. Sie liebte es, dieses raue Land am Meer, seine Mythen und Kultstätten, das Tosen des Wassers, das Leuchten der Sandblumen. Ein "bretonisches Ei", ovaler Stein, den sie dort fand, hatte seinen Platz in ihrer Wohnung. Er lebt fort in ihren Mandalas, meditativen Bildern.
2007 verwirklichte sie das Projekt "Circle of Friends", mit Künstler-Freundin Doris Hinzen-Röhrig und der Patton-Plusczyk-Stiftung in Saarbrücken. Es passte zu ihr. Wem Ute Freund war, blieb sie Freund.
Auch wenn sie vor Jahren mit Schwarz-Weiß-Bildern überraschte, ihre Bilder sind Farbe. Sie schuf lebendige Bild-Wesen, Tiefenräume, vielschichtig wie die Natur, das Leben, im Atem der Zeit. Ute schien hinter die Dinge zu schauen, uns durch Oberflächen hindurch in geheimnisvolle Räume zu führen, "auf der Suche nach geschütztem Raum" (ein Bildtitel).
Ihre letzte Ausstellung: Werke aus den letzten beiden Jahren, in Mischtechnik (Öl/Pastell). Große Bilder in kleinem Format. In ihrem Text zur Ausstellung "Bel Air", ihr Wort für Räume in der Natur, Sehnsuchtsorte, spricht sie vom "Schatzkästlein" ihres Maler-Lebens, aus dem diese Bilder schöpfen. Zuletzt an den Rollstuhl gebunden, ließ gerade diese Einschränkung ungeahnte Bild-Räume entfalten. Ihre Gedanken dazu: "Kleine Momente im kosmischen Geschehen, wie der Flügelschlag eines Schmetterlings berühren sie unser Inneres, erfüllen uns mit Heiterkeit und der oft ersehnten Leichtigkeit des Seins." Malerische Weisheit, ein besonderes Leuchten, der immerwährende Wandel des Lebens scheint in ihnen auf. Utes künstlerischer Abschied.
Bei der Trauerfeier zitierte der Pastor, ein Freund, ein Wort, das Ute uns als Vermächtnis hinterlassen habe: "Am Abend des Lebens bleibt nur die Liebe."
Ute wird uns fehlen. Ihre Bilder werden für sie leuchten. Ute ist tot, es lebe Ute!
Monika Bugs